24.09.2015
Netzwerkanlass des Gewerbe Region Frick-Laufenburg
Frankenstärke, Fachkräftemangel, Online-Konkurrenz, zunehmende neue Gesetze – wie können KMU angesichts dieser Herausforderungen weiterbestehen? Vertreter aus Politik, Gewerbe und Forschung diskutierten am vierten Netzwerkanlass des Gewerbe Region Frick- Laufenburg.
Rund 170 Personen kamen am Dienstagabend des 22. Sept. 2015 zum Netzwerkanlass des Gewerbevereins Region Frick- Laufenburg (Geref) in Fricks Monti. Bei ihrer Begrüssung streifte die Geref- Präsidentin Franziska Bircher die vergangenen Netzwerkanlässe der letzten vier Jahre. Nach der Berufsbildung waren mangelnde Fachkräfte sowie Einkaufs-Tourismus und Online- Handel Themen. «Es sind Themen, welche die KMU beschäftigen. Sind diese der Grund, weshalb es immer weniger KMU gibt?» warf Bircher in die Runde. Regierungsrat Urs Hofmann überbrachte die Grussbotschaft der Regierung aus Aarau und Urs Wehrle stellte das Raiffeisen Unternehmerzentrum (RUZ) mit Standorten in Gossau und Baar vor. Ein weiterer Standort sei in Aarau geplant, erklärte der Geschäftsführer des RUZ.
Erlebniswelt im Schuhgeschäft und die Frage nach Berufsschulstandorten Im Anschluss an das Impulsreferat von HSG-Dozent und KMU-Experte Urs Frey (s. Box) diskutierten Frey, Hofmann, Wehrle, Nicole Frank (Mitinhaberin von Schuhhaus Frank) und Lukas Herzog (Geschäftsführer Herzog Treuhand in Stein) mit Moderator Christoph Grenacher.
Bei Herausforderungen brauche es Innovationen, illustrierte Frey zuvor in seinem Referat. Für Nicole Frank stellt der Online-Handel eine Herausforderung dar. «Wenn Sie mit Zalando nicht konkurrieren können, machen Sie etwas anderes in ihrem Laden, einen Spielplatz oder eine Kita», sagte Frey. Eine Erlebniswelt im Schuhgeschäft könne er sich auch vorstellen, meinte Hofmann. Er gab das Beispiel von Bibliotheken, die heute öfters auch ein Café führen. Urs Wehrle merkte an: «Eine Innovation kann auch sein, einen Laden zu zumachen.»
Der Moderator unterliess es nicht, Hofmann mit dem aktuellen Thema über die Neuorganisation der Berufsschulen im Aargau, die möglicherweise zu einer Schliessung des Standortes in Rheinfelden führen könnte (die NFZ berichtete), zu konfrontieren. «Ist es im Aargau nicht ein Gebot der Stunde, der Lehre zu mehr Renommee zu verhelfen? » fragte Grenacher. Mit der Neuorganisation wolle der Regierungsrat die Berufsbildung stärken und nicht schwächen, betonte Hofmann und merkte an: «Die Fricktaler Berufsschüler gehen ja nicht alle nach Rheinfelden, sondern dorthin, wo ihre Ausbildung angeboten wird.» Er sei sich aber bewusst, dass das Fricktal auch keine Kantonsschule habe, deshalb sei es eine besondere Herausforderung, eine Lösung zu finden, bei welcher sich keine Region benachteiligt fühle.
Angesprochen auf den administrativen Aufwand für Unternehmer erklärte Frank, dieser halte sich in Grenzen: «Der Schuhhandel ist eine Branche, die nicht zu stark reguliert wird.» Treuhänder Herzog meinte schmunzelnd: «Jede neue Regulierung ist für uns ein neues Betätigungsfeld.» Und Hofmann verteidigte sich: «Nicht nur der böse Staat ist schuld, wenn es eine starke Regulierung gibt.» Er erwähnte das Beispiel von Besenbeizen, wovon es inzwischen viele gäbe. Wenn aber eine Hobbybäckerin ihren Kuchen dort verkaufe, seien es die professionellen Konditoren, die reklamieren würden und eine stärkere Regulierung wünschten. «Es gibt Dinge, die muss man regulieren, es soll aber auf kantonaler Ebene keinen Trend zur überregulierung geben», so Hofmann.
Unternehmer sollen bereit sein, Risiken einzugehen, erklärte Frey zuvor in seinem Referat. Tut dies die Fricktaler Unternehmerin? «In der Modebranche gehen wir immer ein Risiko ein. Wir kaufen jetzt ein für den nächsten Sommer. In dieser Zeit kann sich bei der Mode viel verändern», sagte Frank. Und wie vermitteln die Geschäftsführer ihre Passion den Mitarbeitern? «Mit Präsenz», erklärte Herzog. «Austausch mit den Mitarbeitern darüber, was im Unternehmen geht», erklärte Frank. So würden sie auch Ideen von Mitarbeitern erhalten, die sich umsetzen liessen.
Im Mittelpunkt des Netzwerkanlasses vom Dienstagabend stand das Referat von Urs Frey, Dozent für BWL und Geschäftsleitungsmitglied des Schweizerischen Instituts für KMU an der Universität St. Gallen. «Vertrauen ist zentral für die Zukunftssicherung von KMU», erklärte er zum Einstieg, bevor er kurz die grössten Herausforderungen für Klein- und Mittelunternehmen streifte. Dazu zählte er die Frankenstärke, den Fachkräftemangel, Regulatoren, die Demographie, das Niedrigzinsumfeld, neue digitale Technologien und die Migration.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, brauche es Vertrauen und Mut, etwas zu verändern. «Die sieben teuersten Wörter sind: Wir haben es schon immer so gemacht», sagte Frey und fügte an: «Dann machen Sie es doch einmal anders.» Es gelte, alte Denkmuster zu durchbrechen. Dazu gehöre auch, Risiken einzugehen und Chancen wahrzunehmen. Dafür brauche es aber eine Strategie: «70 bis 80 Prozent der KMU haben keine schriftliche Strategie », stellte Frey fest. Eine solche sei aber auch wichtig, um bei den Mitarbeitern Vertrauen aufzubauen. «Mitarbeiter werden bei der Umsetzung anders dabei sein. Ohne Vertrauen sucht jeder in einem Veränderungsprozess nur seinen eigenen Vorteil.» Frey gab auch Tipps, um effizienter zu arbeiten. Er verglich das Email-Konto mit einem Postfach und erklärte: «Wir rennen ja auch nicht mehrmals am Tag zum Briefkasten, um diesen zu leeren», und schloss daraus: «Wir müssen nicht mehr arbeiten, aber intelligenter.» Ein Unternehmer sollte sich auf seine Stärken konzentrieren und sich unterscheiden von anderen. Traditionen seien zwar nicht schlecht, aber: «Tradition ist Bewahrung des Feuers und nicht Anbetung der Asche», zitierte Frey den österreichischen Komponisten Gustav Mahler. Man soll sich auch nicht davon abbringen lassen, etwas Neues zu wagen, wenn sich einmal etwas als Fehler herausgestellt hat: «Wir lernen aus Fehlern.»
Gesamter Zeitungsbericht (PDF-Datei, 2.5 MB)
Bericht und Foto: Layla Hasler, NEUE FRICKTALER ZEITUNG
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