22.11.2018
Das Fricktaler Gewerbe steht vor grossen Herausforderungen
Was muss ein KMU machen, um qualifiziertes Personal für sich zu gewinnen? Was erwarten jüngere Arbeitnehmende und wie nutzt man Social Media-Plattformen für seine Ziele? Der Netzwerkanlass des Gewerbe Region Frick-Laufenburg (Geref) ging am Dienstagabend in Fricks Monti vielen brennenden Fragen nach.
«Jeder Mitarbeiter leistet Grossartiges», stellte Thomas Tanner, Inhaber der Tanner Leder GmbH und Berater beim Raiffeisen Unternehmerzentrum (RUZ) fest und relativierte umgehend: «Nur leider nicht jeder in seinem Betrieb». Warum das so ist? «Weil Leistung mit Leidenschaft und Engagement zu tun hat. Kennen Sie die Hobbies und Leidenschaften Ihrer Mitarbeitenden? Es gehe darum, die Leute zu finden, die wollen. Und wenn sie die gefunden haben, dann müssen sie ihnen erlauben, ihre Begeisterung auszuleben.» Dann räumte Tanner mit einem Vorurteil auf: «Junge sind nicht schlechter. Sie sind anders – und sie sind unsere Zukunft.» Junge Fachleute stellten neue Anforderungen an einen Betrieb, das sei nichts Negatives. Dabei seien sie durchaus an Erfolg interessiert «und sie verfügen über einen ausgeprägten Berufsstolz, wie man an den Swiss Skills 2018 wieder ganz deutlich sehen konnte. Kümmert sich ein Unternehmer um Beziehung, Vertrauen und Werte, führt das zu Prozessqualität – das führt zu Verlässlichkeit, das gibt Geschwindigkeit und führt dazu, dass das Kosten-Nutzen- Verhältnis am Ende stimmt», fasste Tanner zusammen.
Die Mitglieder des Geref hatten sich mit grossem Interesse für die Veranstaltung zum Thema «Mitarbeiter finden – Mitarbeiter binden» angemeldet, wie Präsidentin Franziska Bircher mit Freude feststellte. Der Frage, wie man zu den passenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommt, ging in der Folge Cécile Zachlod nach. Die Dozentin für Digitales Marketing an der Fachhochschule Nordwestschweiz stellte die gebräuchlichsten sozialen Plattformen einander gegenüber. Ob Facebook, LinkedIn, Xing oder Snapchat, wichtig sei, dass der Betrieb sich mit der Plattform wohlfühle, dass der Auftritt authentisch sei. «Wichtig ist vor allem, dass Sie das Unternehmen visuell präsentieren. Geben Sie ihm ein Gesicht. Zeigen Sie auf Social Media, dass Sie ein attraktiver Arbeitgeber sind, stellen Sie Ihre Mitarbeiter vor und anerkennen Sie deren Leistung in aller Öffentlichkeit», forderte Zachlod die Firmeninhaber und Unternehmerinnen im vollbesetzten Saal von Fricks Monti auf. «Und seien sie sich bewusst, dass Suchende Ihr Profil genauso unter die Lupe nehmen, wie Sie das Profil von Stellenbewerbern. » Zachlod wies auch darauf hin, dass Top-Leute heute oft erwarten, dass sie gefunden werden. «Gehen Sie aktiv auf die Leute zu.»
Zuvor hatte Landstatthalter Urs Hofmann von der Notwendigkeit gesprochen, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren. «Arbeitnehmende brauchen Entwicklungspotential und einen guten Zusammenhalt im Team», so der Vorsteher des Departements Volkswirtschaft und Inneres, der bereits zum zweiten Mal an einem Netzwerkanlass des Geref referierte. Standen einst Leistung und Karriere im Zentrum des Interesses von jungen Arbeitnehmenden, zeige die Studie «Junge Schweizer 2018» ein ganz anderes Bild, hielt der Regierungsrat fest. Eine Mehrheit der gut qualifizierten jungen Schweizer lege heute mehr Wert auf Gesundheit, Freundschaft, Familie und eine gewisse Freiheit als auf die Karriere. «In den nächsten 10 bis 15 Jahren gehen 500000 Arbeitnehmende aus der Babyboomer-Generation in Pension. Weit mehr als junge rein biologisch in unserem Land nachkommen.
Ab 2020 rückt für zwei Fachkräfte, die in Pension gehen nur noch eine Fachkraft nach. Ohne ausländische Arbeitskräfte ist es nicht möglich, diesen Wegfall an Arbeitenden aufzufangen », warnte Hofmann. Erschwerend komme hinzu, dass die Schweiz für ausländische Arbeitskräfte an Attraktivität eingebüsst habe. «Anders als noch vor zehn oder 15 Jahren brummt die Konjunktur in Deutschland und die Unternehmen machen sich heute zunehmend spezialisierte Fachkräfte streitig. Wir sollten versuchen, ältere Arbeitnehmer möglichst lange im Arbeitsprozess zu halten» so Hofmann. Dabei gelte es mit der digitalen Entwicklung Schritt zu halten und die Mitarbeitenden auf digitale Trends «gluschtig» zu machen. «Passivität können auch wir in der Verwaltung uns nicht leisten. Wir haben ein Interesse daran, den Wirtschaftsstandort Aargau fit zu halten.» Dabei könne die digitale Herausforderung matchentscheidend sein.
An der Podiumsdiskussion – geleitet von Eliane Stocker – beteiligten sich neben den Referenten auch Janine Felber, Personalverantwortliche der Häring & Co AG in Eiken und Jörg Langheim, CEO der Balteschwiler AG in Laufenburg. Bei beiden «Hölzigen» ist die Homepage wichtiger als Social Media-Plattformen. «Wir sind auf Social Media präsent, aber Stellenbewerbungen bringen uns dort kein Feedback», so Felber. Langheim hob die Bedeutung der persönlichen Beziehung hervor. Regierungsrat Hofmann nutzte die Gelegenheit, auf die im Aufbau begriffene Plattform «Work Life Aargau» aufmerksam zu machen. Die Plattform soll ab nächstem Jahr Aargauer Unternehmen ermöglichen zu zeigen, was sie bieten, und was neben der Arbeit sonst noch erwartet werden kann, zum Beispiel Krippenplätze, kurze Arbeitswege, Freizeitaktivitäten, schöne Natur und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Der nächste Netzwerkanlass des Geref findet im Rahmen des 125-Jahr-Jubiläums des AGV, am 5. November 2019 in der Stadthalle in Laufenburg statt.
Bericht und Foto: Simone Rufli, NEUE FRICKTALER ZEITUNG
GEWERBE REGION
FRICK-LAUFENBURG
5070 Frick